Arizona: Unglaubliches Thanksgiving
Samstag, 30. November 2013
Unglaubliches Thanksgiving
Thanksgiving ist also dieses unglaubliche Riesenfest, das in Amerika bereits Wochen vor Weihnachten das Fest einleitet und die Familien zusammenbringen soll. Wir bereiteten uns den Vortag darauf vor - indem wir einen umwerfenden Sushiladen bei uns um die Ecke austesteten! "Hana Sushi" ist ein wirklich kleines Restaurant, das familiengefuehrt ist, sogar von "echten" Japanern (wenn wir da also ein wenig mehr Expertise beim Sushiherstellen vorurteilig annehmen moechten). Wie koestlich! Obwohl ich ja sagen muss, dass mir das Wasabi nach Monaten der Sushi-Abstinenz schon ganz schoen im Magen gedroehnt hat... Ich habe gelesen, dass in Japan selbst das Sushi mit der Hand gegessen wird, garnicht mit Staebchen - und ich kam mir immer so unglaublich elegant vor beim Essen mit den Dingern ;-)

Es war also Thanksgiving, das in den USA immer am letzten Donnerstag im November gefeiert wird (und da dieses Jahr der November ausnahmsweise gleich 5 Freitage UND 5 Samstage hat, was nur alle 800 irgendwas Jahre vorkommt, ist es dieses Jahr ungewoehnlich spaet). In Kanada feiert man es uebrigens jeden zweiten Montag im Oktober, die Kanadier eben, ey ;-)
Wir fuhren einmal mehr zu Tommys Onkel und Tante, die diesmal auch die hypochondrische Krankenschwestercousine da hatten. Die fiel mir auch gleich um den Hals, und obwohl sie offenbar gesund genug war zum Erscheinen, so wurde sie doch nicht muede, ihre Wehwechen (die frueheren, die derzeitigen und die - unabaenderlichen - folgenden) in epischer Breite zu erzaehlen. Da solche Leute sich ja nicht nur auf ihre eigene, schwindende Gesundheit verlassen koennen, hat sie natuerlich auch noch einen Hund - der blind ist. Und Diabetiker. Erbarmungswuerdig!
A propos, das Essen war... Reichlich. Viel. Massen davon! Leider war es nicht so wirklich lecker, vielleicht liegt es an mir, aber ich fand den Truthand trocken wie einen Wuestensturm im Sandpapierglas (also meinen Mund dann, wogegen nur schnelles Nachspuelen half). Traditionell gibt es dazu noch Truthahn"fuellung" (die nebendran serviert wird) und als Nachtisch der unvermeidliche Kuerbiskuchen (und der dritte Versuch enthuellte mir, dass wir niemals Freunde werden... Nicht in naher, nicht in ferner Zukunft). Mit Muehe hielt ich Tommys Tante davon ab, dem Henry nach einfachem Wunsch den Fernseher im Nebenraum anzumachen (was ist denn DAS fuer ein Familienevent - jeder separat fuer sich?!).
Uebrigens vermuteten Tommys Familienmitglieder allesamt, dass man in Kanada Weihnachten vom 25.12. bis zum 17.1. feiert... Hm!! Da moechte man vermuten, wenn die doch das Nachbarland sind und so - wuessten die besser Bescheid drueber.

Danach fuhren wir der Cousine hinterher, denn in ihrem Haus sollte das grosse Fressen weitergehen. Offenbar lebt die nicht nur mit ihrem Hund zusammen, sondern auch mit einer Mutter und deren drei Teenagerkindern, die natuerlich alle zum Essen da waren. Ich brauche nicht zu sagen, dass der Fernseher lief und Tommys Cousine - obwohl ich direkt daneben sass - dem Henry einfach mal ihren Computer mit einem Kinderfilm anmachte. Es liefen also der Fernseher und 2 Computer gleichzeitig. Ich war angekratzt, im doppelten Sinnne: Den ganzen Tag schon hatte ich Halsschmerzen, die unter dem Ventilator nicht besser wurden. Mal wieder wollte ich nicht unhoeflich sein und auf den Tisch hauen wegen dieser Medienueberdosis.
Es kamen mehr und immer mehr Leute, und endlich sollte es also zum Essen gehen. Und, man glaubt es kaum: Der Truthahn war unglaublich trocken, die Fuellung sehr reichhaltig und der Rest... Aber ich habe mir nichts anmerken lassen. Die Mitbewohnerin der Cousine, die wie ein Strich in der Landschaft aussah, wurde nicht muede zu betonen, dass sie als echtes "Southern Girl" keinen einzigen Tag ohne ihren frittierten Schinken und ihre echte Butter auskommt - klingt mir doch sehr nach einem selbstkreierten Mythos. Waehrendessen hatte meine Lilly nicht nur den Wasserbehaelter vom Hund gefunden und sich pitschnass gemacht, sie hatte anschliessend (nach dem Umziehen) natuerlich auch kopfueber im Katzenklo landen muessen.
Memo an mich: Nicht Leute fragen, ob ein Raum kindersicher ist, sondern selbst inspizieren (wie ungemuetlich). Da sonst nichts anderes zu tun war, nahm ich mir irgendwann vom Nachtisch - und geriet in die Faenge der aeltesten Tochter. Die fragte erst ganz unschuldig, woher in Deutschland ich denn her waere (ich sage immer rund um Frankfurt, da weiss zwar auch keiner, wo das ist, sie haben es aber schonmal gehoert). Und dann gings los: Sie wollte ja auch unbedingt mal nach Europa, am liebsten fuer ein ganzes Jahr, zum Rumreisen. Sie wollte unbedingt nach "Frankreich, Rom, Venedig und Irland", dafuer wuerde sie ja auch diese ganzen Sprachen (irgedwann in der Zukunft) lernen, wobei sie mit Franzoesisch schon angefangen hatte -
allerdings stamme ihre Franzoesischlehrerin aus Belgien, und "das ist ja garnicht Frankreich". Achso. Sprechen koennte sie schon fliessend, nur mit dem Schreiben tue sie sich schwer, weil sie sich die Bedeutung der Akzente nicht merken koenne. Folgerichtig wollte sie also erstmal "Alt-Rumaenisch", Altaegyptisch, Deutsch und "ein bisschen Italienisch" zu lernen, ihre Mutter meinte aber, sie solle doch lieber ein drittes Jahr Franzoesisch machen... Und in 14 Tage habe sie sich die Grundlagen fuer Latein angelesen, denn "mit Latein versteht man alle restlichen Sprachen" (also, wenn ich das nur EIN EINZIGES MAL nochmal hoeren muss...!).
Ach, ich haette da so viel sagen koennen - nur, warum? Sie enthuellte mir dann noch, dass sie leider nicht mit ihrer Freundin in London studieren gehen koenne, weil sie niemals so lange von ihrer Familie weg sein koennte - und ihr letztendlicher Berufswunsch sei sowieso Make-Up Artist.
Hoeflich nickend behielt ich die Uhr im Auge, wohl wissend, dass jede vergangene Minute eine Minute naeher am Nachhausegehen war. Wenigstens der Henry hatte seinen Spass, denn als ich dann doch zischenzeitlich einschritt und nach einem Filmchen den Computer ausmachte, begann er natuerlich, mit den anderen Kindern zu spielen, so, wie es eben normal ist. Dafuer wurde von da an jede Anfrage von ihm von Tommys Cousine mit "Die Mama hat Nein gesagt!" abgeschmettert. Ist vielleicht das andere Extrem, aber bitteschoen. Irgendwann hatten wir es also geschafft und waren auf dem Heimweg; wir kamen an einigen wirklich schoen dekorierten Haeusern vorbei. Weihnachten in Amerika heisst eben, zu versuchen, so viele Lichtchen anzubringen, dass versehentlich Flugzeuge im Vorgarten landen.
Jetzt haben wir also erstmal den Kuehlschrank voller Essen, dass wir - zweimal - erfolglos versucht haben, vor Ort zu "vergessen". Naja, mal sehen.

Heute Morgen war ich es dann, die schon vor Sonnenaufgang aufgewacht ist - die Migraene hat mal wieder gnadenlos zugeschlagen. Der Kopf war Matsch, jede Bewegung schmerzte wie irre - dazu kamen noch die Hals- und mittlerweile auch Gliederschmerzen von meiner ausgewachsenen Erkaeltung dazu. Super, vielen lieben Dank ihr Hormone, es ist also mal wieder Monatsende - aber so schlimm war es schon lange nicht mehr. Zum Glueck hatte der Tommy heute morgen frei, denn ich konnte wirklich nur schluchzend und heulend ob jedes Geraeuschs im Bett kauern. Nicht auszudenken, wenn das mal passiert, wenn ich mit den Minis alleine bin! Um neun Uhr kam dann auch die Lieferung von Tommys Sachen - immerhin hatten wir die "erst" Anfang August verschickt...

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